Emerging Markets-Lokalwährungsanleihen lagen im August 2022 etwa gleichauf mit der Performance von US-Aktien auf Eurobasis und damit voran im Vergleich mit allen anderen Assetklassen, mit Ausnahme der Rohstoffe, die als einzige Assetklasse eine positive Performance im laufenden Jahr erzielen konnte. Obwohl das Umfeld im ersten Halbjahr mit stark steigenden US-Renditen und den Verwerfungen bei russischen Anleihen herausfordernd war, haben sich die Emerging Markets-Lokalwährungsanleihen deutlich besser entwickelt als die anderen gängigen Anleihenkategorien (z. B. Staats- oder Unternehmensanleihen). Wenngleich die in einem repräsentativen Emerging Markets Lokalwährungs-Index zu Jahresbeginn mit etwa 7 % gewichteten russischen Lokalwährungsanleihen mehr oder weniger einen Totalverlust erlitten und aus den relevanten Indizes eliminiert wurden, konnte die Assetklasse dank hoher Gewinne – vor allem in Lateinamerika und Asien – outperformen.
Brasilien als Top-Performer
„Top-Performer per Ende August ist Brasilien mit einer Performance von rund +28 % auf Eurobasis“, sagt Mag. Franz Schardax, MSc, Fondsmanager bei IQAM Invest. Lateinamerika profitierte einerseits vom Rohstoffboom und andererseits begann die brasilianische Notenbank bereits ein Jahr vor der US-Notenbank die Leitzinsen kräftig anzuheben. Umgekehrt kam es in den asiatischen Märkten China und Indonesien dank ausbleibendem Inflationsdruck zu keinen extremen Zinsanstiegen, während sich die beiden Währungen dank Leistungsbilanzüberschüssen gut zum US-Dollar behaupten konnten. Neben Russland sind die Verluste der Assetklasse im ersten Halbjahr also hauptsächlich auf die durch die Ukraine-Invasion unmittelbar negativ betroffenen, rohstoffimportierenden zentraleuropäischen Länder sowie Ägypten zurückzuführen.
Chancen in Schwellenländer-Anleihen
Für den Investor stellt sich daher die Frage, ob die Assetklasse gerade einen Resilienztest in einem herausfordernden Marktumfeld, das wohl noch andauern dürfte, bestanden hat. Sollten die globalen Renditen erneut kräftig anziehen, wird es kaum möglich sein, die überwiegend seit Mitte Juli erzielten Gewinne der Emerging Markets-Lokalwährungsanleihen zu halten oder gar auszubauen. Auch die Risiken in einzelnen Märkten – insbesondere der Türkei – sollten nicht unterschätzt werden. „Insgesamt sehen wir jedoch die positiven Argumente für die Assetklasse weiter bestehen. Längerfristig betrachtet weisen die meisten Lokalwährungen günstige Bewertungen auf, was ein wichtiger Erklärungsfaktor für die starke Währungsperformance im laufenden Jahr sein dürfte“, so Schardax. Relativ zum Euro verzeichneten nämlich nur die Währungen der besonders stark von der Ukraine-Krise betroffenen Länder wie Ägypten, Ungarn oder Polen bzw. Länder mit einer völlig inkohärenten Wirtschaftspolitik (z. B. Türkei) Verluste. Einige lateinamerikanische Währungen verzeichneten dagegen sogar Gewinne gegenüber dem – sehr starken – US-Dollar. In Bezug auf die Inflationsbekämpfung stehen die meisten lateinamerikanischen und zentraleuropäischen Notenbanken einer Aufwertung ihrer Währung aktuell wohlwollend gegenüber bzw. wurde bei Vorhandensein hoher Devisenreserven (z. B. Tschechien) auch zugunsten ihrer Währungen interveniert.
Vor allem aber weist die Assetklasse aktuell historisch hohe Renditen relativ zu Euro-Anleihen bei weiterhin deutlich niedrigerem Zinsänderungsrisiko auf und zuletzt auch leicht verbessertem Kreditrisiko. Dieses wurde ermöglicht durch die Veränderung in der Index-Zusammensetzung durch die Aufnahme Chinas, der Herausnahme Russlands und dem sinkenden Türkei-Gewicht. Dank der deutlich entschlosseneren und zeitnäheren Reaktion – insbesondere der lateinamerikanischen Zentralbanken – weisen viele Länder auch bereits ein wesentlich attraktiveres Realzinsniveau als in der Eurozone auf und die Zinsanhebungszyklen dürften früher abgeschlossen werden können. „Insgesamt sehen wir die Assetklasse Emerging Markets-Lokalwährungsanleihen somit weiterhin als attraktiv an und haben sie im Multi Asset-Kontext übergewichtet“, so Schardax abschließend.