Eine der interessantesten Entwicklungen der letzten Jahre im Finanzbereich ist das Aufkommen von Kryptowährungen. Mit Februar 2021 gab es rund 4.200 verschiedene Kryptowährungen, wobei rund 60 % der gesamten Marktkapitalisierung auf Bitcoin entfallen. Die Bitcoin-Preise haben in den vergangenen Monaten eine rasante Wertsteigerung hingelegt und vor kurzem neue Höchststände erreicht. Werden sich digitale Währungen jedoch langfristig als Assetklasse etablieren?
Virtuelle Währungen als Anlageprodukt?
„Eine besonders interessante Frage ist jene nach der Bewertung von Kryptowährungen bzw. nach der Attraktivität von Kryptowährungen zur Geldanlage“, so Univ.-Prof. DDr. Michael Halling, Wissenschaftliche Leitung des IQAM Research Centers und Professor, Department of Finance, Universität Luxemburg. Die Abbildung unten zeigt die Preisentwicklung der Bitcoin-Währung in USD. Man erkennt deutlich drei unterschiedliche Regime: In den ersten Jahren bis 2016 verläuft die Linie flach mit wenig Variation; von 2016 bis Ende 2020 steigen die Preise stark an und werden sehr volatil; seit Ende Dezember 2020 sind die Preise der Bitcoin-Währung explodiert. „Insgesamt hat sich der Wert von Bitcoins in der Covid-19-Krise mehr als verachtfacht – von einem Wert von $5.800 am 13. März 2020 auf $54.182 am 23. Februar 2021“, so Halling weiter.
Bitcoin als Währung?
Bei solch dramatischen Preisentwicklungen stellt sich die Frage nach dem fundamentalen Wert von Bitcoins. Wichtig dabei ist, dass die Menge an verfügbaren Bitcoins mit 21 Millionen limitiert ist. Diese Menge an Bitcoins wird aber erst im Jahr 2140 erreicht werden. Das Angebot an Bitcoins ist also limitiert und Schwankungen in der Nachfrage schlagen sich dementsprechend stark auf die Preise nieder. Eine weitere Frage ist, ob Bitcoins einen realen Wert als Währung besitzen. „Die Antwort hängt davon ab, ob sich (A) der Trend hin zu digitalen Ökonomien bzw. Märkten fortsetzt, und (B) die fundamentalen Charakteristika von Bitcoins wie Unabhängigkeit von zentralen Institutionen, völlige Transparenz und weitgehende Anonymität auch mittel- und langfristig als wichtige Bestandteile von Kryptowährungen durchsetzen werden“, erklärt Halling.
Entwicklung einer neuen Assetklasse?
Die Attraktivität von Kryptowährungen ist sehr stark von der Qualität der zugrunde liegenden Technologie – der Blockchain – und vom Vertrauen der Nutzer in die Sicherheit der Implementierung abhängig. Diese Qualitätsaspekte einer Kryptowährung können sich sehr rasch ändern, da die Ersetzbarkeit einer Kryptowährung durch eine andere im Prinzip sehr hoch ist.
„Eine aktuelle Studie von Hu, Parlour und Rajan (2020) evaluiert die Performance eines gleichgewichteten und eines wertgewichteten Portfolios von 37 Kryptowährungen über den Zeitraum November 2014 bis November 2017. Die Wertentwicklung dieser Portfolios zeigt vergleichbare Dynamiken zu den zuvor erwähnten Bitcoin-Preisen mit einem dramatischen Anstieg sowohl der Preise als auch der Volatilität seit 2016“, sagt Halling. Weitere Analysen zeigen, dass die Renditen dieser Kryptoportfolios über den Betrachtungszeitrum mit den Renditen des S&P 500 Index negativ korreliert sind. Das bedeutet, dass Kryptowährungen potenziell Diversifikationspotenzial gegenüber klassischen Aktienportfolios aufweisen können.
„Im Moment ist es noch zu früh, das langfristige Potenzial von Kryptowährungen als Assetklasse zu beurteilen. Aktuell erscheinen Kryptowährungen sowohl von ihrem Risikoprofil, das auch technologische Risiken inkludiert, als auch von ihrer Marktkapitalisierung her als Investitionsoptionen für institutionelle Investoren als eher unattraktiv“, so Halling abschließend.